Wenn man das Internet auf der Suche nach Strategien für erfolgreiches Abnehmen durchforstet, stößt man auf jede Menge Abnehm-Coaches, die alle DIE einzigartige Strategie für dauerhaften Gewichtsverlust versprechen. Ich möchte das in keiner Weise be- oder abwerten. Aber was ich daran vermisse, ist der eigentliche Grund dahinter. Denn für mich ist Abnehmen kein Ziel, sondern ein Nebenprodukt einer gesunden Lebensweise.
Sicherlich kennst auch du auch Situationen, in denen du dich nicht gut gefühlt hast, krank warst, oder – Gott bewahre – vielleicht sogar mal eine verstörende Diagnose bekommen hast. Meine Frage ist: wieviel Energie würdest du in solchen Situationen aufs Abnehmen verwenden? In solchen Momenten tun wir alles dafür, um möglichst schnell gesund zu werden, indem wir uns mit vitaminreichem Essen versorgen, uns ausreichend ausruhen und alle Störfaktoren ausschalten, die den Genesungsprozess behindern könnten. Gewichtsverlust ist häufig eine natürliche Folge davon. Warum? Weil unser Körper bekommt, was er braucht, um optimal zu funktionieren und wir alles weglassen, was ihn dabei behindern könnte.
Bitte versteh mich nicht falsch – ich möchte damit keinesfalls andeuten, dass Krankheit der Weg zu dauerhaftem Gewichtsverlust ist – im Gegenteil. Gesundheit ist es. Denn du musst nicht erst abnehmen, um gesund zu sein, sondern aus meiner Sicht es ist genau anders herum:
Nur wenn dein Körper mit allen wichtigen Nährstoffen versorgt ist, um optimal zu funktionieren, wenn die Entgiftungs- und Ausscheidungswege frei sind und wenn dein Körper nicht dauerhaft Stresshormone produzieren muss, kann er seinen zahlreichen Aufgaben optimal nachkommen. Dann sind ein funktionierender Stoffwechsel, ein Hormongleichgewicht und optimale Fettverbrennung die natürliche Folge davon.
Vielleicht gehörst du ja bereits zu den Menschen, die sehr gut für sich sorgen: du ernährst dich z.B. nährstoffreich aus echten (Bio-)Lebensmitteln, vermeidest Zusatzstoffe und sorgst für regelmäßige Bewegung und ausreichend Schlaf, und trotzdem stagniert dein Gewicht oder du nimmst sogar zu? Dann wirst du jetzt sicher denken: das ist ja alles schön und gut, aber wenn es wirklich so wäre, dass ich erst gesund sein muss, um abzunehmen, warum klappt es dann bei mir nicht, obwohl ich (vermeintlich) alles richtig mache?
Das kann ganz unterschiedliche Ursachen haben. Unser Körper ist ein Wunderwerk – ein intelligenter Bio-Computer der keine Fehler macht. Und er tut stets alles dafür, dass wir immer bestens an die Umgebung angepasst sind, in der wir uns gerade befinden. Ein gesunder Körper macht keine Fehler, und er tut niemals etwas einfach nur so, um uns zu ärgern. Aber er hat keine Stimme, daher muss er über körperliche Merkmale mit uns kommunizieren um uns mitzuteilen, ob wir evtl. etwas an unserer Lebensweise verändern dürfen, wie z.B. unserer Ernährung, unserem Lebensstil oder auch unserer Art zu denken und wahrzunehmen.
Denn unsere Organe sind nicht direkt mit der Außenwelt verbunden, sondern sind auf unseren Geist angewiesen, der unseren Körper darüber informiert, ob die Umwelt da draußen gerade sicher oder gefährlich ist, und ob der Körper dementsprechend Fett verbrennen kann oder lieber für sichere Zeiten einlagern soll. Und wenn unser Geist sich z.B. ständig Sorgen darüber macht, was andere von uns denken könnten oder Angst hat, abgelehnt zu werden, dann nimmt unser Körper das als Gefahr wahr, einhergehend mit der Produktion von Stresshormonen, Herunterregulation von Immunabwehr, Libido und Verdauung, Schlafstörungen, Stoffwechselreduktion und Fetteinlagerung. Denn angesichts einer drohenden Lebensgefahr sind diese Funktionen nicht so wichtig wie all die Reaktionen, die auf körperlicher Ebene notwendig sind, um der vermeintlichen Gefahr zu entkommen.
Streng genommen unterscheiden wir uns auf zellulärer Ebene kaum von unseren Höhlenmenschen-Vorfahren. Der einzige Unterschied besteht darin, dass solche Gefahrensituationen vor 150.000 Jahren nur kurzfristig waren, und der Körper sich danach wieder regenerieren konnte. Heute sind wir zwar kaum noch körperlichen Gefahren ausgesetzt, aber wenn Dauersorgen unser Denken beherrschen, reagiert unser Körper wie in einer realen Gefahrensituation, nur eben dauerhaft. Das ist in etwa so, als würde eine Antilope dauerhaft auf der Flucht vor dem Löwen sein, ohne Pause. Du kannst dir vorstellen, dass sie das nicht sehr lange durchhalten würde.
Auch unser Körper ist nicht für Dauerstress ausgelegt, und das Problem daran ist, dass vielen Menschen ihre unbewussten, gedanklichen Stressoren gar nicht bewusst sind. Aber Glaubenssätze sind wie Erdanziehungskraft: wir fallen immer darauf zurück und damit steuern sie unbewusst all unsere Entscheidungen. Wenn also ein unbewusster, meistens schon in der Kindheit gebildeter Glaubenssatz dir permanent suggeriert, dass du nicht gut genug bist (nicht schlank genug, nicht schön genug, nicht schlau genug o.ä.), dann wirst du auf bewusster Ebene alles dafür tun, um das zu kompensieren, z.B. durch einen schlanken Körper, makellose Haut, permanentes Lernen etc. Aber sobald du das Gefühl bekommst, jemand nimmt dich anders wahr, als so, wie du glaubst, gesehen werden zu müssen, um geliebt und akzeptiert zu werden (schlank, schön, schlau), erzeugt das bei dir Stress und führt zu allerhand körperlichen Reaktionen, oft einhergehend mit Essanfällen, um diesen (unbewussten) Schmerz zu betäuben. Danach fühlst du dich noch schlechter, denn jetzt kommen auch noch Schuldgefühle dazu. Das führt zu einem Teufelskreis, dem zu entrinnen sehr schwer ist, wenn du die eigentliche Ursache dafür nicht kennst. Es nutzt dann auch nichts, am Essverhalten herumzudoktern, da dieses nicht die Ursache ist, sondern die Lösung.
Das ist nur ein Beispiel dafür, dass es nicht nur am Essverhalten liegt, ob wir dick oder schlank, gesund oder krank sind. Weitere Faktoren, die ich als Primärnahrung bezeichne (nach Joshua Rosenthal, dem Begründer des Institute for Integrative Nutrition), wie beispielsweise eine liebende Gemeinschaft aus Freunden und Familie, eine Arbeit, die dir Freude macht und eine Bestimmung im Leben, tragen ebenfalls dazu bei.
Daher geht es in meiner Arbeit niemals ausschließlich ums Abnehmen. Wenn jemand das Ziel hat, Gewicht zu verlieren, dann sind die Begleitumstände dieser Person mindestens ebenso wichtig, wie ihr Essverhalten. Denn um dauerhaft Gewicht zu verlieren und dieses auch zu halten, muss man an die Ursache des Problems, denn die Ursache ist meistens auch die Lösung.
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